»Platz neununddreißig, hier ist es«, rief Pierre aus, als er die einzig verbliebene Lücke zwischen den Booten entdeckte, doch Louis war schon wieder unteren Deck verschwunden und kauerte auf der ersten Treppenstufe.
Der Liegeplatz bot einen wundervollen Blick über den Kanal. Gegenüber lagen hübsche kleine Häuser mit gelben und roséfarbenen Fassaden, vor denen die Boote längsseitig ankerten. In südlicher Richtung glitt das Wasser in einem breiten, trägen Strom durch eine Schneise aus Schilf.
Aus:
Provenzalischer Stolz

Der Ort liegt auf der okzitanischen Seite der Camargue. Doch Pierres siebter Fall, der mit dem Fund einer Leiche am Ufer des provenzalischen Étang de Vaccarès beginnt, macht keinen Halt vor regionalen Grenzen. Die Spur führt zu einem Missionarscamp, das am Canal de Bourgidou unweit der mittelalterlichen Festungsstadt Halt macht.

Aigues-Mortes wurde im 13. Jahrhundert gegründet und lag ursprünglich an einer großen Lagune, ein Kanal führte durch die Sümpfe direkt zum Meer. Dies und die Nähe zur Rhône machten es zu einer idealen Hafenstadt, doch die Verlandung hat das Meer im Lauf der Jahrhunderte bis auf sechs Kilometer Entfernung zurückgedrängt. Der Klimawandel scheint diesen Prozess nun umzukehren. Die Wissenschaftler vom Tour du Valat erfassen die Küstenveränderungen mit Hilfe der europäischen Sentinel-Satelliten und der NASA-Raumsonde Lancert. Dort ist zu erkennen, dass die Küstenlinie der Camargue in den vergangenen dreißig Jahren um zweihundert Meter ins Landesinnere gewandert ist. Simulationen zeigen, dass das Meer Ende des Jahrhunderts Arles erreichen wird, wenn man nicht bald gegensteuert.

Aigues-Mortes besitzt eine eindrucksvolle Festungsmauer mit zehn Toren und einem Wehrturm, der Tour Constance, die während der Hugenottenkriege als Gefängnis für aufständige Protestanten diente. Über diesen Turm gelangt man normalerweise auf die Wehrgänge der Mauer, von dort hat man einen herrlichen Blick über den Ort und die nahe Saline. Wie gerne hätte auch ich diesen Blick genossen, doch während meiner zweiten Recherche Ende Juni 2019 herrschten über vierzig Grad und damit ein Zutrittsverbot für sämtliche Anlagen, die dem Besucher keinen Schutz vor der Sonne bieten.

Aber auch ohne dem hat Aigues Mortes viel zu bieten. Das Flair der Altstadt hat mich begeistert. Der helle Kalkstein besitzt eine unglaubliche Strahlkraft und trotz einiger Souvenierläden und touristisch geprägten Restaurants wirkt der Ort urtümlich und authentisch. Das Leben hier ist gemächlich. Über den Köpfen ziehen Mauersegler ihre Kreise und während man durch die Gassen schlendert, kann man wunderbar entschleunigen.

Von hier aus kann man herrliche Touren machen. An den Anlegestegen vor den Toren der Stadt liegen Ausflugsboote, die auf verschiedenen Routen durch die Kanäle schippern und an manades Halt machen, wo man die Reitkünste der gardians bewundern kann, die Stiere von der Herde separieren und einzeln in ihr Gehege geleiten.

Natürlich hat diese Stadt auch Spezialitäten, eine davon ist die fougasse d’Aigues-Mortes. Das Rezept hierzu verrate ich Euch in meinem nächsten Beitrag.